Dienstag, 4. März 2008

Was würden Sie sich wünschen, wenn Sie im Wachkoma wären?

Wachkoma kann jeden von uns MitbürgerInnen von einem Tag auf den anderen, von einer Minute auf die andere mitten aus dem vollen Leben heraus betreffen. - So schreibt Prof. Dr. A. Zieger in seinem Memorandum: Der Wachkoma-Patient als Mitbürger
Es folgen Zitate aus den Texten von Prof. Dr. A. Zieger (ausgenommen meiner Beschreibung zu seiner Person):

  • Medizinisch handelt es sich um ein schweres, komplexes Krankheitsbild mit bis zu 43% Anteil an Fehldiagnosen,ist schwer zu behandeln und mit einer unsicheren Prognose belastet.
  • Sozial handelt es sich um ein schwaches, von sozialer Kälte, Vernachlässigung und Ausgrenzung bedrohtes Leben. Dazu trägt das sich gegenwärtig auch in Deutschland verschärfende soziale Klima der Entsolidarisierung bei, die egoistische Überbetonung des Materiellen vor dem Ideellen, der sozialen Isolierung pflegender Angehöriger sowie eines mangelnden Rückhalts und Rückversicherung der betroffenen Familien durch die Gesellschaft

und seine Schlussfolgerung:


Es gibt kein “menschenunwürdiges” Leben, sehr wohl aber eine menschenunwürdige Behandlung....

Prof. Dr. Zieger beschäftigt sich seit langem sowohl theoretisch, als auch praktisch mit dem Wachkoma. Als Erfinder der "Neuropädagogik" geht er weit über eine medizinische oder neurowissenschaftliche Sichtweise hinaus. Er betrachtet den Patienten nicht nur als ein Medizin- oder Forschungsobjekt, sondern als ein Wesen, welches in seiner Ohnmacht und Hilflosigkeit unbedingt eines Fürsprechers bedarf. So weist Dr. Zieger in seinen Vorträgen immer wieder auf die hier so wichtigen ethischen Fragestellungen hin. Mit Nachdruck "kämpft" er um die Rechte einer vernachlässigten Patientengruppe......leider oft viel zu wenig beachtet. Dabei kann ein Wachkoma jeden von uns treffen und wir wären froh, nicht nur ein "Untersuchungsobjekt", sondern auch einen solchen engagierten Arzt an unserer Seite zu wissen. (M. Armand)

Koma-Stimulationstherapie - was wissen wir?

Früher.....:Der Lebenswert eines Menschen wurde seitdem
überwiegend marktorientiert nach seinem Nutzen für die Produktion angesehen.
Außerdem wurden die Lasten immer mehr zu Ungunsten der Kranken, Armen und
Schwachen umverteilt.....[...]die geistigen Quellen und ökonomischen Zwänge sind auch
heute vorhanden und wirksam.
.........
Immer wenn es einer Gesellschaft ökonomisch schlecht geht, werden bestimmte
Randgruppen zu sozialen Problemfällen deklariert und in ihrem Lebensrecht
eingeschränkt. Behindertenfeindlichkeit hat viele Gesichter......[...]Heute ist das Lebensrecht und der Lebensschutz für Komapatienten und ihre
Angehörigen im Prinzip erkämpft – aber immer noch bedroht und noch lange keine
Selbstverständlichkeit.

Zur Situation der aktuellen Wachkomapatienten schreibt PD Dr. A. Zieger:
Lebensrecht für Koma-Patienten
  • • Da wird einem Schwerstpflegebedürftigen durch jahrelangen Gutachterstreit über eine Rollstuhlverordnung ein wichtiges Hilfsmittel zur Mobilität und zur Teilhabe an der Gemeinschaft verwehrt.
  • • Da ist der bedrückende und zermürbende Kleinkrieg mit den Behörden, der Krankenkasse, dem Sozialamt und mit der oft verspäteten und unzureichenden Pflegeeinstufung durch den MDK....
  • • Da gehen neuerdings Akutkliniken und sogar Universitätskliniken unter dem Druck des Fallpauschalengesetz dazu über, medizinisch noch behandlungsbedürftige und instabile Koma-Patienten aus Kostengründen über Nacht in weit entfernt liegende Pflegeheime abzuschieben...
  • Die Pläne, die auch für Komapatienten notwendige Ernährung mit Sondennahrung aus dem Arznei- und Heilmittelkatalog herauszunehmen, um die Krankenkassen durch “Hunderte von Millionen” zu entlasten ....
  • Und es ist schließlich sehr bedrohlich, wenn durch eine unüberlegte Gesetzgebung von oben, das neue Krankenhausentgeltgesetz mit seinen Fallpauschalen und DRGs, das in den letzten Jahren so erfolgreich aufgebaute System der gestuften Rehabilitation für Hirngeschädigte in unverantwortlicher Weise gefährdet wird....

Wichtige Hinweise und Informationen zur Diagnostik und zum Umgang mit dem Wachkoma von Prof. Dr. A. Zieger:
Die Beobachtungen und Befunde sollten durch Kontaktaufnahmeversuche und Bedside-Tests ergänzt und von einem multiprofessionelles Team zusammengetragen.Dabei lassen sich dann “Knotenpunkte” und
“Verbindungswege” ausgefallener und erhalten gebliebener neurofunktioneller Netzwerkstrukturen, die einen Verhaltenszustand repräsentieren, erfassen und in therapeutische Strategien überführen.
[...]
Für eine nicht reduktionistische Betrachtung von Menschen im Koma ist jedoch die Frage nach der Wahrnehmungssituation von Menschen im Koma und Wachkoma unbedingt in die Erkenntnis des Komas mit ein zu beziehen. In der wissenschaftlichen Literatur finden sich hierzu nur wenige Arbeiten, die auf Selbsterfahrungsberichten, Interviews und Beobachtungen von nahen Angehörigen, Ärzten und Pflegepersonal beruhen. Das Spektrum ist weit gefächert und reicht von unbewusst-impliziten Empfindungsformen bis hin zu psychopathologischen Symptomen.

Wichtiger Hinweis:
Prof. Dr. A. Zieger's Vorträge über das Wachkoma finden sich allesamt öffentlich zugänglich !! auf seiner Webseite als PDF-Datei zum Herunterladen: http://www.a-zieger.de/wachkoma.php
und
das Wachkoma im Fokus der Hirnforschung: Etwas wahrnehmen oder nicht wahrnehmen? Wie erzeugt unser Gehirn "Bewusstsein"?

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