Mittwoch, 27. Mai 2009

16 Jahre - schizophren. Ein Roman

John Wray
Retter der Welt
rowohlt 2009, Hardcover, 352 S. ISBN 978-3-498-07362-6, 19,90 €
William Heller oder Lowboy, wie er sich nennt, ist sechzehn, schizophren und, so heißt es, gefährlich. Er soll eine Freundin vor die Subway geschubst haben. Und nun sind die Cops vom New York Police Department hinter ihm her, mitsamt seiner Mutter. Doch Lowboy hat ein viel schlimmeres Problem: Seit er aus der Anstalt ausgebrochen ist, strebt die Welt zügig auf die Selbstvernichtung zu, und nur er allein kann sie retten ... Auf der Flucht und einer vagen Suche zugleich, immer verfolgt von einem Profiler, der eine ebensolche Vorliebe für Geheimschriften und Rätsel hat wie er, hetzt Lowboy durch die Tunnel und Katakomben der New Yorker U-Bahn – eine düstere Welt, deren Wahrnehmung stets ins Wahnhafte verschoben scheint und deshalb umso schillernder die Wirklichkeit spiegelt. John Wray, eines der großen jungen Talente der US-Literatur, schreibt mit der zwingenden Logik der Paranoia: apokalyptisch, visionär, in der Tradition von Malcolm Lowry, Hubert Selby und Jonathan Lethem. - Leseprobe (pdf)
Rezension im "missionjanet"-Blog (Auszug): " ... Der Roman ist ein Fest für Freunde von Codes und Mustern, doch in ihrer Entzifferung liegt nicht der Anspruch dieses erstaunlichen Buches, dessen Lektüre Wills Fahrt mit der U-Bahn ähnelt: Man steigt ein und darf sich getrost darauf verlassen, dass der Tunnel, diese Megametapher des Romans, die Richtung vorgibt, dass die Erzählung trägt ... Man kann diesen Roman, in dem ein Gejagter die Welt retten will, fast wie einen Thriller lesen, zumal die Schilderungen von Lateefs und Violets hektischer Suche nach Will die Handlung mit Macht vorantreiben, um sie dann wieder in der stickigen Luft des Subway mit William um Atem und Kühle ringen zu lassen. Wray erzeugt Spannung und Aufmerksamkeit, aber kein Mitgefühl im herkömmlichen Sinne, weil sein Protagonist kein Leidender ist. Die Störung ist Teil seiner Identität, und in seinen befremdet-interessiert-irritierten Beobachtungen steckt weniger wohlfeile Zivilisationskritik denn surreale Komik. Manchmal kommen Will Zweifel an seiner Berufung, etwa beim Betrachten eines herumliegenden Pornohefts: „Als Lowboy die Zeitschrift durchblätterte und alle wichtigen Details in sich aufnahm, fragte er sich, ob es die Welt nicht verdient hatte, unterzugehen. Ich werde die halbe Welt retten, beschloss er ... " - Zur Rezension

Sonntag, 24. Mai 2009

Überversorgte Kinder - Überforderte Eltern

Holger Schlageter
Das Geheimnis gelassener Erziehung - Wie Eltern das rechte Maß finden. Wie aus kleinen Tyrannen wieder glückliche Kinder werden. Ein Ratgeber
Krüger Verlag, 256 S., brosch., ISBN 978-3-8105-1842-2, € (D) 14,95, € (A) 15,40, SFR 26,90
Unsere Kinder sind überversorgt und unterfordert: Zu viel Geld, zu viel Watte. Dabei wollen wir es nur richtig machen. Aber von der Angst getrieben, als Erziehende zu versagen, schießen wir übers Ziel hinaus. Das Resultat sind Kinder, die keine Grenzen kennen, die zu orientierungslosen und ängstlichen Erwachsenen werden, die es nie gelernt haben zurückzustecken, Niederlagen zu meistern, Verantwortung zu übernehmen und im Team zu arbeiten. Der Psychologe und Pädagoge Holger Schlageter zeigt den Weg zum rechten Maß in der Erziehung. Mit Blick auf die wunderbaren Möglichkeiten, Kinder zu gesunden Persönlichkeiten zu erziehen und zu entwickeln – gelassen und ohne Angst.
Rezension dradio (Auszug): ... "Das Geheimnis gelassener Erziehung" ist auf jeden Fall ein Buch für verunsicherte Eltern, jene, die von Selbstzweifel getrieben sind, meinen, nicht gut genug zu sein oder sich durch den ständigen Vergleich mit anderen Eltern unter Druck setzen. Denen sollte der Paperbackband per Rezept verordnet werden, mit der Empfehlung, die Beine hoch zu legen und den Kindern derweil das Spiel allein oder einen Dienst im Haushalt zuzumuten. Vielleicht könnten sie bereits beim Lesen spüren, dass diese Gelassenheit ihrer Familie gut tut und zugleich mehr Nähe zueinander bringt ... Zur Rezension

Als meine Tochter "verrückt" wurde

Michael Greenberg
Der Tag, an dem meine Tochter verrückt wurde - Eine wahre Geschichte
Hoffmann und Campe 2009, Übersetzer: Hans-Christian Oeser, 288 S., geb., ISBN: 978-3-455-50037-0, 19,95 EUR (D), 20,60 EUR (A), 34,90 SFR (CH)
Michael Greenberg ist Schriftsteller und führt ein mehr oder weniger geordnetes Leben in New York. Doch dann wird seine Tochter krank – und die Welt um ihn gerät ins Wanken. Der eindrucksvoll erzählte Bericht eines Vaters, der um sein Kind kämpft.
Ein heißer Tag in Manhattan. Michael Greenberg sieht ein Polizeiauto vor seinem Wohnhaus parken. Dass oben zwei Polizisten damit beschäftigt sind, seine von Visionen geschüttelte Tochter zur Ruhe zu bringen, erfährt er erst später. Es ist der Beginn eines langen Weges, den er zu gehen hat, um sein Kind in die Wirklichkeit zurückzuholen. »Ich habe das Gefühl zu reisen, aber ohne Möglichkeit zur Umkehr«, sagt Sally. Ihr Vater folgt ihr auf dieser »Reise«, die sie unter anderem durch die Psychiatrie führt, hin zu einem halbwegs »normalen« Leben. Ein anrührendes Buch, das einen ganz eigenen Sog ausübt.
Rezension Irene Jung (Hamburger Abendblatt, 8. Mai 2009 - Auszug): " ... Greenbergs Buch ist kein Krankheitsprotokoll. Es ist die sehr persönliche, einfühlsame, stellenweise sogar selbstquälerische Erinnerung eines Vaters an einen "Sturm", der seine ganze Familie verändert. Sie reiht sich ein in Tilman Jens' Auseinandersetzung mit der Demenz seines Vaters Walter Jens oder die Erinnerung der Bestsellerautorin Danielle Steele an ihren manisch-depressiven Sohn Nick ... " - Zur Rezension

Donnerstag, 21. Mai 2009

Nahtoderfahrung - ein Tagungsband

Alois Serwaty und Joachim Nicolay (Hrsg.)
Nahtoderfahrung - Neue Wege der Forschung - Tagungsband 2008
Santiago Verlag 2009, 220 S., kt., , ISBN 978-3-937212-33-3, 17,50 €
Für die moderne Hirnforschung werden wir Menschen hart mit der Realität der ca. 1500 Gramm Hirnorgan in unserem Kopf und dessen Todesschicksal konfrontiert. Menschen, die eine Nahtoderfahrung erlebten, widersprechen in der Regel einer solchen Hypothese. Sie werden darin unterstützt durch neuere Forschungsergebnisse und Sichtweisen, die in dieser Form bisher in Deutschland noch nicht veröffentlicht und umfassend diskutiert wurden. Renommierte Forscher und Kenner der Materie aus dem deutschsprachigen und internationalen Raum stellen ihre Forschungsergebnisse vor und stellen diese zur Diskussion. Gemeinsam mit den Berichten und Reflexionen von Menschen mit einer solchen Erfahrung können die Beiträge dieses dritten Tagungsbandes das Verständnis von Leben und Tod verändern.
Aus dem Inhalt:
Teil I:
Interdisziplinäre und spirituelle Aspekte der Nahtoderfahrung
Willem (Pim) van Lommel: Die Kontinuität des Bewusstseins. Ein neues Konzept, gegründet auf Forschungsergebnisse zu Nahtoderfahrungen
Wilfried Kuhn: Neurobiologie der Nahtoderfahrung
Joachim Nicolay / Claus Speer: Berichte und Gespräche über außerkörperliche Erfahrungen (OBE)
Joachim Nicolay: Nahtoderfahrungen im Vergleich der Kulturen / Berichte aus Ländern des Islam
Dietmar Czycholl: Nahtoderfahrung: Wirklichkeit ohne Objektivität
Carsten Harms: Der Tag, an dem ich sterben sollte! (Fallbericht)
Joachim Nicolay: Der erfahrbare Gott – Begegnungen mit dem Licht
Teil II:
Tod und Sterben im Spiegel von Nahtoderfahrungen
Günter Ewald: Weiterleben nach dem Tod – Gedanken eines Naturwissenschaftlers
Sabine Mehne: Auswirkungen einer Nahtoderfahrung auf das eigene Leben und die Einstellung zu Tod und Sterben
Joachim Nicolay: Gespräche mit Nahtoderfahrenen über Tod und Sterben
Eckart Wiesenhütter: Der Tod hat nicht das letzte Wort
Dorothea Rau-Lembke: Sterben ist doch ganz anders – die Nahtoderfahrung aus Betroffenensicht
Evelyn Elsaesser-Valarino: Bewusstsein der Todesnähe
Weitere Bücher zum Thema: "Netzwerk Nahtod-Erfahung und in unserem Forum

Mittwoch, 20. Mai 2009

Eckhard Roediger: Angst - Depression - Besser leben

Eckhard Roediger
Depression - die Sehnsucht nach Zukunft. Ein Ratgeber für Betroffene und Angehörige
Urachhaus Verlag 2009, zahlreiche Abbildungen, 200 S., kt., ISBN-13: 978-3-7725-5039-3, 18,90 EUR
Die Erscheinungsformen der Depression sind vielfältig, die Auswirkungen auf den Einzelnen und sein Umfeld jedoch immer belastend. Dass dieser Last durch ganz unterschiedliche Methoden und Therapieansätze begegnet werden und die scheinbar hoffnungslose Zukunft täglich verändert beginnen kann, dazu möchte dieser Ratgeber des erfahrenen Arztes und Therapeuten Eckhard Roediger beitragen.
«Wir formen durch Übung uns und unseren Körper so, dass wir das Neue immer leichter tun können. Wenn wir dies rhythmisch wiederholen bzw. positive Verhaltensweisen als Rituale in unserem Alltag verankern, brauchen wir immer weniger Kraft. So wird aus uns nach und nach ein anderer, ein neuer Mensch.»
«In der Depression werden die Gedanken an die Vergangenheit zur quälenden und lähmenden Fessel. Aus dieser Gedankenfixierung heraus erscheint uns die Zukunft verbaut und hoffnungslos und es strömt uns keine Kraft und Initiative entgegen. Entsprechend wird sowohl die Umwelt bedrohlich-negativ erlebt, als auch die eigene Körperfunktion als hilflos-gelähmt wahrgenommen. Die vernichtenden Urteile eines negativ-verzerrten Denkens lähmen jeden Keim von Kraft und Initiative … »
Inhalt: Grundlagen - Ab wann ist jemand depressiv? - Das klinische Bild der Depression - Die Ursachen der Depression - Depressionen als Bewältigungsversuch - Formen der Depression - Handlungsmöglichkeiten - Be-Handlungsmöglichkeiten - Psychotherapie - Künstlerische Therapien - Bewegungstherapien - Äußere Maßnahmen und Anwendungen - Selbsterfahrungsgruppen - Familienaufstellungen - Medikamente - Lichttherapie - Transkranielle Magnetstimulation (TMS) - Elektro-Krampftherapie (EKT) - Was kann ich für meinen Partner tun? - Umgang mit Suizididalität - Geschlechts- und altersspezifische Aspekte - Frauen – das schwache Geschlecht? - Babyblues und Wochenbett-Depression - Die lästigen Tage vor den Tagen – das prämenstruelle Syndrom - Wechselhafte Jahre – die Wechseljahre - Depressionen im Alter - Depressionen bei Männern - Fragenkatalog zur Suizidalität u.a.

Wege aus der Angst - Ein Ratgeber für Betroffene und Angehörige
Urachhaus Verlag 2009, mit zahlreichen farbigen Abbildungen, kt., 176 S., ISBN-10: 3-7725-5019-3, ISBN-13: 978-3-7725-5019-5, 14,90 EUR
Aus der Praxis jahrzehntelanger Erfahrung erläutert Eckhard Roediger ein uns fast alle betreffendes Thema: die Angst. Wir sind ihr jedoch nicht hilflos ausgeliefert, sondern können uns mit unterschiedlichen Methoden auf Wege – mit längeren und kürzeren Distanzen – des Verstehens und der Bewältigung begeben. Angststörungen sind die häufigste psychische Erkrankung überhaupt: Etwa 25 % scheinen im Laufe ihres Lebens an irgendeiner Form von Angststörung zu erkranken – dies gilt erstaunlicherweise für fast alle Kulturen. Hierbei sind Frauen doppelt so häufig betroffen wie Männer. Etwas gegen diese Ängste zu tun – sie können letztlich nur durch die Patienten selbst überwunden werden –, ist ein schwieriger, aber wichtiger Schritt. Denn ohne eine Behandlung bedeuten sie jahrelanges Leid und einen erheblichen Verlust an Lebensqualität. Nicht zuletzt auch deshalb, weil Partnerschaften und Familien durch Angststörungen ebenfalls belastet werden. Eckhard Roediger bietet mit seinem Buch die Möglichkeit, sich durch die Ausführungen und konkreten Übungen auf den Weg der Auseinandersetzung mit den eigenen Ängsten – oder denen des geliebten Menschen – zu machen, sei es als Vorbereitung für eine Therapie oder begleitend zu dieser. Vertrauen und Mut sind die Gegenspieler der Angst …
Angst entsteht, wenn im Menschen das Denken in den Einfluss der Gefühle gerät. Wir sind dann geneigt, nur noch Gedanken zu denken, die zu den Gefühlen passen. Die im Gehirn verankerten Gewohnheitsbildungen wollen uns dazu verführen, die jetzige Situation immer wieder vor dem Hintergrund der früheren (negativen) Erfahrungen zu bewerten. Im Sinne der Arterhaltung hat sich das über Jahrtausende bewährt, denn wer nichts aus negativen Erfahrungen lernen konnte, ist wahrscheinlich ausgestorben. Diese Tendenz, das Gegenwärtige immer auf die Erfahrungen der Vergangenheit zu beziehen, ist aber in gewisser Weise fortschrittsfeindlich. Um sich auf etwas Neues einzulassen, braucht es Vertrauen. Vertrauen und Mut sind die Gegenspieler der Angst. Es ist ein Zeitzeichen, dass wir tendenziell weniger Vertrauen haben. Dafür werden immer mehr Versicherungen abgeschlossen. Es gibt aber keine Versicherung gegen Ängste. Wir müssen wieder Vertrauen lernen, sonst schließen wir uns von der Zukunft ab und geraten immer mehr in den Sog der Vergangenheit. Aber auf was können wir vertrauen?
Inhalt: Wie Ängste entstehen - Wie Angst gelernt wird - Verschiedene Formen von Angsterkrankungen - Anthroposophische Aspekte zu Angsterkrankungen - Wie Ängste behandelt werden können - Voraussetzungen für Veränderungsprozesse - Flüchten oder Standhalten: das Expositionsprinzip - Wer mit sich selbst reden kann, ist nicht allein: der innere Dialog - Von der Angst zur Freiheit - Was kann ich tun? Konkrete Übungen - Was muss medizinisch abgeklärt werden? - Medikamentöse Behandlungsmöglichkeiten - Hinweise für Angehörige - Übungen

Besser leben lernen - Innere Balance zwischen Wunsch und Wirklichkeit
Urachhaus Verlag 2007, 224 S., geb. mit Schutzumschlag, ISBN-10: 3-8251-7541-3, ISBN-13: 978-3-8251-7541-2, 15,90 EUR
Wenn Wissen Macht ist, warum macht uns dann das Wissen über unsere Bedürfnisse und Wünsche nicht glücklich? Eckhard Roediger, Arzt und Therapeut, geht in seinem von konkreten Übungen begleiteten Buch dieser Frage nach und kommt zu der verblüffend »einfachen« Antwort: »Glück fällt uns nicht zu und hängt auch nur wenig von den äußeren Umständen ab … Glück kann und muss erarbeitet bzw. geübt werden.«
Im Lauf unseres Lebens stellen wir uns zu ganz unterschiedlichen Zeiten und aus ebenso unterschiedlichen Gründen die Frage, ob wir mit unserem Leben zufrieden sind. Zwischen Wunsch und Wirklichkeit gespannt fällt die Antwort nicht immer positiv aus. Wie aber gelingt es, die befriedigende Mitte zwischen den Polen, zwischen Neuem und Gewohntem, Euphorie und Langeweile zu erreichen – und zu halten? Aus seinen Erfahrungen als Therapeut beschreibt Eckhard Roediger nicht nur die seelischen und biologischen Hintergründe dieses allzu menschlichen Problems der Unzufriedenheit – ohne die es ja keine Entwicklung gäbe –, sondern bietet durch Übungen, Meditationsanleitungen und Beispiele konkrete Hilfestellungen zum Erkennen der individuellen, wirklich wesentlichen Bedürfnisse.
Inhalt: Was ist Salutogenese? • Freiheit und Verantwortung • Biografische Gesetzmäßigkeiten im Lebenslauf • Ebenen menschlichen Seins • Über die Entstehung von Stress • Die Bedeutung einer bewussten Gedankenführung • Lernen und Gedächtnis • Wie wurden wir, wer wir sind? • Die Überwindung der Selbstbezogenheit • Wie können wir Kraft auftanken? • Die 3 Quellen der Kraft um uns • 12 Schritte zur guten Selbstorganisation • Der Unterschied von Denken und Wollen • Glück, Sinn, Beziehung • Übungen und Meditationen u.a.

Der Autor: Eckhard Roediger, Dr. med. Eckhard Roediger, geboren 1959, Studium der Medizin, neurologische und psychiatrische Facharztausbildung. Von 1993 – 2002 Leitender Arzt der salus Klinik in Friedrichsdorf, 2002 – 2006 Aufbau und Leitung der Psychosomatischen Abteilung am Gemeinschaftskrankenhaus Havelhöhe, Berlin. Seit 2007 in freier Praxis und als Dozent und Supervisor für Verhaltenstherapie tätig. Arbeitsschwerpunkte: Schematherapie, Bedeutung von Achtsamkeit und Akzeptanz in der Psychotherapie, spirituell erweiterte Psychotherapie, Suchtbehandlung, Behandlung sexuell bedingter Traumatisierungen und Persönlichkeitsveränderungen. - Autoren-Homepage

Dienstag, 19. Mai 2009

Therapie als Erfolgsmodell (?)

Eva Illouz
Die Errettung der modernen Seele - Therapien, Gefühle und die Kultur der Selbsthilfe
Suhrkamp 2009, Aus dem Englischen von Michael Adrian, 412 S., geb., ISBN: 978-3-518-58520-7, D: 26,80 €, A: 27,60 €, CH: 45,30 sFr
Wir leben in einer durchpsychologisierten Gesellschaft. Selbsthilfegruppen schießen wie Pilze aus dem Boden, Beziehungsratgeber erzielen gigantische Auflagen und die Einschaltquoten von Serien wie Die Sopranos oder Pseudo-Dokus wie Zwei bei Kallwass lassen die Herzen der Programmacher höher schlagen. Was früher verschämt verschwiegen wurde, gehört in westlichen Gesellschaften heute zum festen Repertoire einer aufgeklärt-bürgerlichen Mittelschicht: der Gang zum Therapeuten. Ehekrisen löst man nicht mehr in den eigenen vier Wänden, sondern in der Praxis eines Paartherapeuten, Spezialpsychiater für Milliardäre helfen bei der seelischen Bewältigung großer Vermögen und jeder Spitzensportler, der etwas auf sich hält, hat einen Psychologen an seiner Seite.
In ihrem neuen Buch untersucht die israelische Soziologin Eva Illouz, wie sich der therapeutischen Diskurs auf unser kulturelles und emotionales Leben auswirkt. Sie zeichnet den Siegeszug der Psychoanalyse in den USA nach, der 1909 mit Freuds Amerikareise begann und über die kulturellen Eliten rasch zur festen Verankerung psychologischer Denkmuster zunächst in der amerikanischen Kultur führte. Anhand zahlreicher empirischer Beispiele und mit den scharfen Instrumenten einer kritischen soziologischen Theorie seziert sie die Facetten und Funktionsweisen eines Diskurses, der die Vorstellungen von der Identität des modernen Subjekts tiefgreifend verändert. Therapien und die Kultur der Selbsthilfe, so eines ihrer Ergebnisse, verändern den emotionalen Stil einer Gesellschaft und machen das Leben nicht leichter, sondern im Gegenteil komplizierter.
Rezension dradio kultur (Auszug): " ... Eva Illouz fasst den Begriff "Therapie" in einem weiten soziologischen Sinn auf. Sie versteht darunter nicht nur die konkrete Situation beim professionellen Psychotherapeuten, sondern die Summe der ratgeberhaften und emotionsorientierten Gegenwartskultur - von Weight Watchers über begleitetes Ehegespräch bis zum Psycho-Coaching der Fußballnationalmannschaft. Sie polemisiert nicht, aber sie macht mit Dringlichkeit klar, wie sehr der moderne Mensch im Wissen über sich selbst Halt findet und wie instabil dieser Halt unter Umständen sein kann(!!! Ralf).
"Die Errettung der modernen Seele" ist ein Buch mit wissenschaftlichem Anspruch, verfasst mit soziologischem Vokabular, aber dank seiner Anschaulichkeit und seiner Fülle an konkretem Material auch für den nichtsoziologischen, interessierten Leser verstehbar ... " - Zur Rezension

Donnerstag, 14. Mai 2009

Mama ist traurig

Schirin Homeier
Sonnige Traurigtage - Illustriertes Kinderfachbuch für Kinder psychisch kranker Eltern und deren Bezugspersonen
Mit einem Vorwort von Prof. Dr. Fritz Mattejat. Ab Grundschulalter geeignet. Mabuse Verlag 2008, 128 S., vierfarbig illustriert, Hardcover, ISBN: 3-938304-16-2, EUR 19.80
In letzter Zeit ist mit Mama etwas anders: sie ist so kraftlos und niedergeschlagen. Auf diese "Traurigtage" reagiert Mona wie viele Kinder psychisch kranker Eltern: Sie unterdrückt Gefühle von Wut oder Traurigkeit, übernimmt immer mehr Verantwortung und sehnt sich nach glücklichen "Sonnigtagen". Erst als sich Mona einer Bezugsperson anvertraut, erfährt sie, dass ihre Mutter unter einer psychischen Krankheit leidet und fachkundige Hilfe benötigt.
Schirin Homeier, geb. 1982, angehende Diplom-Sozialpädagogin (FH), mehrjährige praktische Erfahrungen mit Kindern psychisch kranker Eltern
Eine kurze Besprechung von Sabine Feickert in ihrem Blog: " ... Ein sehr schwieriges und heikles Thema, kindgerecht und behutsam und doch umfassend dargestellt. Sonnige Traurigtage erzählt von Mona und Mona-Mama und den sonnigen und traurigen Tagen. Die traurigen Tage, an denen Mona-Mama so depressiv ist, dass sie sich nicht mehr um Mona kümmern kann. Mona versucht, mit allerlei kindlichen Lösungsansätzen, ihre Mama wieder gesund zu machen ... Monas Ängste und Bemühungen werden ganz liebevoll dargestellt und die Personen, die ihr im Buch helfen, erklären die Hintergründe psychischer Krankheiten ... " - ... weiterlesen im Blog "Das kreative Häuschen"